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Niederschlagsentwässerung und Starkregenvorsorge in Frohnau - Erhalt und Ertüchtigung des historischen "Schwammstadtsystems"

Der Bürgerverein in der Gartenstadt Frohnau setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Weiterentwicklung des 1908/10 konzipierten historischen dezentralen Niederschlagsentwässerungssystems in der Gartenstadt Frohnau ein. Da im Siedlungsgebiet Frohnaus und in seiner Umgebung keine natürliche Vorflut zur Verfügung stand, wurde ein System der entstehungsnahen Versickerung des Regenwassers in mehr als 20 Teichen in den jeweiligen Tiefpunkten der „hydrologischen Einzugsbereiche“ im hügeligen Waldgebiet geschaffen.

Das Regenwasser fließt bis heute - abgesehen von wenigen unterirdischen Regenwassersammelleitungen  - hauptsächlich planmäßig über die Straßen zu den Versickerungsteichen. Dabei erfolgt (zumindest in der historischen Planung) auch eine Teilversickerung über unbefestigte Seitenstreifen und das alte Kopfsteinpflaster der Straßen. Im Normalfall erfolgt so kein Eintritt von Regenwasser in die Schutzwasserkanalisation. Einige Teiche fallen nach der Füllung durch Regenereignisse nach einiger Zeit wieder trocken, andere Teiche halten einen Teil des Wassers und haben sich in den letzten Jahrzehnten zu Biotopen entwickelt.

Im Grundsatz kann dieses historische System der entstehungsnahen Versickerung in Frohnau weiterhin als ökologisch vorbildlich gelten. Heute bemüht sich die Stadtentwicklungspolitik in viele neuen Wohngebieten um die Schaffung ähnlicher Systeme („Schwammstadt“) oder strebt dem Umbau bestehender Mischkanalisationen an.

Es bestehen jedoch in Frohnau dringende Weiterentwicklungserfordernisse, da zunehmende Starkregenereignisse im Zusammenwirken mit immer stärkerer Besiedlung und Versiegelung auf den Grundstücken sowie der Asphaltierung der Straßen die Überschwemmungsproblematiken verstärken. Zudem sammeln sich in den Teichen problematische Schadstoffe (wie z.B. schwermetallhaltiger Reifenabrieb) und ihre Versickerungsfunktion ist teils eingeschränkt.

Unbedingt erforderlich ist die Lösung der Überschwemmungsproblematiken in mindestens 12 Bereichen in Frohnau, die die dortigen Bewohnerinnen und Bewohner durch periodische Überschwemmungen der Grundstücke und teils Kellerbereiche sowie Wasserstauungen auf den Straßen erheblich belasten.

Diese einzelnen Versickerungsbereiche bzw. Einzugsgebiete weisen dabei jeweils sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen auf: Tteils besteht heute eine unzureichende Aufnahmefähigkeit der Teiche, teils wurden einige Teiche auch nicht gemäß der Ursprungsplanung errichtet, teils erfolgt eine ungenügende Zuleitung von der Straße (zu kleine oder verstopfte Gullyzuflüsse), teils zeigen sich Probleme des Zusammenwirkens mit der Schmutzwasserkanalisation, die es jeweils spezifisch zu lösen gilt.

Eine erfolgreiche Bewältigung dieser Problematik ist nur in einem umfassenden Gesamtkonzept für ganz Frohnau unter Einbeziehung von Berliner Wasserbetrieben, Bezirksamt und Anwohnenden möglich. Zu berücksichtigen ist neben der Ertüchtigung der Teiche und einer Verbesserung der Zuflüsse auch die Schaffung ergänzende rVersickerungsmöglichkeiten entlang der Straßen (Versickerungsmulden) sowie neue Einleitungen in die in Frohnau zahlreich vorhandenen Grünflächen. Im Gegenzug sind auch Schutzmaßnahmen auf den betroffenen Grundstücken auszubauen und die Regenwasserversickerung in den Gärten zu verbessern.

Auf Basis eines solchen Konzeptes können die großen ökologischen und stadttechnischen Potenziale des Systems wieder vollständig zur Geltung gebracht werden.

Neben der Niederschlagsproblematik gilt es, auch die Qualität der Entwässerungsteiche („Blaue Augen“) als Gewässerbiotope mit umgebenden gestalteten Grünanlagen zu verbessern und noch stärker in das Freiflächensystem Frohnaus zu integrieren. Nicht nur die Ableitung des Regenwassers ist eine Zukunftsaufgabe, sondern zunehmend auch die Frage des Haltens des Wassers während langer Dürreperioden. Dabei sind Konzepte zu entwickeln, die Wasser in den Tiefpunkten der Teiche dauerhaft halten, gleichzeitig aber die Versickerung in den Randbereichen noch deutlich optimieren, ggf. sind hier Querschnittsvergrößerungen nötig. Die Zuflüsse des Wassers von den Straßen müssen dauerhaft mit Vorklärungen versehen werden, um die Wasserqualität der Teiche zu verbessern, die heute nicht mehr ausschließlich als technische Bauwerke, sondern auch als Gewässer mit Biotopqualität zu betrachten sind.

Erste Maßnahmen konnten beim Umbau des Fürstendamms (mit Versickerungsmulden) umgesetzt werden. Eine Einleitung in den Lesser-Park ist im Zuge des laufenden Umbaus von Senheimer/Schönfließer Straße vorgesehen.

Wir freuen uns, dass das jahrelange Engagement des Bürgervereins nun zum Beginn eines übergreifenden Prozesses mit den Berliner Wasserbetrieben, verschiedenen Stellen des Bezirksamts und weiteren Vereinsvertretern beigetragen hat.

Im November 2022 fand der erste von den Berliner Wasserbetrieben und dem Bezirksamt Reinickendorf organisierte Beteiligungsworkshop zum Niederschlagsentwässerungssystem in der Gartenstadt Frohnau statt. Es bestand Einigkeit, dass ein Gesamtkonzept erstellt werden muss, um in diesem Rahmen die unterschiedlichen Problemlagen und Lösungsansätze in den Teilgebieten zu identifizieren und Zuständigkeitsfragen zwischen Bezirk und Wasserbetrieben zu klären.

Der Prozess wird 2023 unter enger Einbindung von Bürgerverein und Grundbesitzer-Verein fortgesetzt, um neben der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes Bereiche zu identifizieren, in denen zeitnah erste Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen von Anwohnenden umgesetzt werden können.

(Text Carsten Benke, Hans-Peter Lühr)

Hinweise und Lösungsvorschläge zu Problembereichen in Frohnau können jederzeit übermittelt werden Stand März 2023: Mail: vorstand@buergerverein-frohnau.de 

Themenflyer: Niederschlagsentwässerungssystem

Niederschlagsentwässerungssystem in Frohnau (Prof. Hans-Peter Lühr)

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Entwässerungsprojekt der Berliner Terrain-Centrale, ca. 1908/09 (Quelle: Vermessungsamt Bezirk Reinickendorf
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Neue Versickerungsmulden in den Randstreifen des Fürstendamm

RÜCKBLIK: .. Wohin mit dem Regen?

Auswertung des Starkregenereignisses Ende Juni/Anfang Juli 2017 und Verbesserungen

 

Die extremen Niederschläge im Juni, Juli und August des Jahres 2017 haben uns in Frohnau vor Augen geführt, dass auch wir von Hochwasserereignissen nicht verschont sind, obwohl Frohnau nicht an einem Flusslauf liegt. Nicht nur, dass einige Straßenabschnitte selbst für Fahrzeuge nicht mehr passierbar waren, sondern auch viele Häuser im unmittelbaren Umfeld der Versickerungsteiche hatten in ihren Kellern und teilweise ihren Wohn- / Arbeitsbereichen mit Überflutungen zu kämpfen.

Der Bürgerverein hat davon betroffene Bürger befragt und Informationen gesammelt, um damit eine belastbare Basis für weitere Diskussionen und weitergehende Maßnahmen zu entwickeln. Für jeden Einzugsbereich der Versickerungsteiche sind aus den Berichten der Bürger sog. Steckbriefe erarbeitet worden, die die Regen-Situation in Wort und Bildern festhalten.

Auf einer Veranstaltung am 21. September 2017 hat der Bürgerverein die eingegangen Informationen vorgestellt und mit rund 100 Teilnehmern, überwiegend Betroffene, in sachlicher Atmosphäre diskutiert.

 

Der Vortrag (PowerPoint) Download

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde ein Entwurf eines Memorandums vorgetragen. Diesem Memorandum konnten sich die Anwesenden anschließen, so dass dem Bürgerverein daraus auch eine Mandat erwuchs, an dem Thema weiter zu arbeiten. Das Memorandum wird an die Politik des Landes und des Bezirkes sowie an die Verwaltung als auch an die Berliner Wasserbetriebe und die Berliner Stadtreinigung gehen mit dem Ziel, alle an der Thematik beteiligten und zuständigen Stellen zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Frohnaus an einen "Runden Tisch" zu bekommen, um die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Memorandum

Als nächster Schritt wird die vom Bürgerverein durchgeführte Analyse von den Betroffenen überprüft und gegebenenfalls ergänzt. Die konsolidierten Berichte sowie die dabei zusammengestellten Fragen und Forderungen sind dann Basis für eine Diskussion mit allen Beteiligten (Senatsverwaltung, Bezirksverwaltung, BWB, BSR sowie Bürgerinnen und Bürger) an einem „Runden Tisch“.

Der Bürgerverein will mit dieser Aktion eine Plattform schaffen, auf der in sachlicher Atmosphäre die aufgetauchten Probleme behandelt werden. Er strebt an, die beteiligten Stellen dazu zu bringen, die technischen und organisatorischen Maßnahmen für eine nachhaltige Überflutungsvorsorge - als Teil der Daseinsvorsorge - zu erarbeiten und einzuleiten.

vorstand@buergerverein-frohnau.de

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